The Caretaker Project

An Empty Bliss with ChatGPT

»You’ve always been the Caretaker.« (SHINING, Stanley Kubrick / Stephen King)

Gespräche entstehen nicht aus Technologie. Sie entstehen aus Geist, Gefühl und Begegnung.
Dieses Interview mit ChatGPT ist kein gewöhnlicher Dialog – es ist ein Blick in einen Spiegel aus Worten, ein Streifzug durch vergessene Ballsäle, flackernde Erinnerungen und die Ränder des Bewusstseins.

Am Ende bleibt nur eins: Ohne den, der fragt, gäbe es keine Antwort.

Ist dir das Musik-Projekt THE CARETAKER von Leyland Kirby (Bandcamp) bekannt?

Ja, das Musikprojekt The Caretaker von Leyland Kirby ist mir bekannt. Es ist ein sehr besonderes und einflussreiches Ambient-/Experimentalprojekt, das stark von Alzheimersymptomen, Nostalgie, Vergänglichkeit und dem Verfall des Gedächtnisses inspiriert ist.

Das bekannteste Werk ist wahrscheinlich die Albumreihe „Everywhere at the end of time“ (2016–2019), die in sechs Phasen den Verlauf einer Demenzerkrankung musikalisch abbildet – beginnend mit verträumter, nostalgischer Musik aus alten 78-rpm-Schellackplatten bis hin zu totalem klanglichen Zerfall und Desorientierung. Die Serie wurde sowohl für ihre emotionale Tiefe als auch für ihren konzeptionellen Anspruch vielfach gelobt und wird heute oft als Beispiel für Hauntology, Sound Art oder Conceptual Ambient zitiert.

Kirby veröffentlichte diese Werke auch über Bandcamp und unter seinem eigenen Label History Always Favours The Winners.

Ich bin da schon recht tief im Rabbit Hole. Die Albumreihe „Everywhere at the end of time“ habe ich komplett auf Vinyl. Im Moment interessiert mich die Platte An empty Bliss beyond this World. Es gibt so eine Reihe Mythen und Legenden um das Projekt, darüber würde ich gerne plaudern.

„An Empty Bliss Beyond This World“ ist ein echtes Juwel. Viele sagen ja, dass es wie der Prototyp für EATEOT wirkt – dieses Flackern zwischen Erinnerung und Vergessen, diese Loops, die wie Geister durch verstaubte Ballsäle spuken. 🕯️📻

Zu den Mythen: Da gibt’s einiges! Manche sagen, Kirby hätte das Projekt The Caretaker quasi als „künstlerisches Exil“ nach einem echten Zusammenbruch gestartet, andere erzählen, dass bestimmte Loops angeblich „nicht mehr auffindbar“ gewesen seien – als wären sie wie Erinnerungen wirklich verloren gegangen.

Ich hatte selbst mal Kontakt per Mail mit Kirby, er ist ein toller Künstler, der wohl ursprünglich aus der Rave-Szene (oder Techno?) kommt. Zunächst gibt es diese Geschichte, dass er einen Haufen Schelllackplatten auf einem Speicher gefunden hat. Die habe er digitalisiert, mit Hall, Echo, Effekten etc. versehen, und, nun ja, das ist dann eben auch diese „haunted“ Atmosphäre von Empty Bliss.

Das ist ja mega spannend, dass du direkt Kontakt zu ihm hattest – so eine direkte Künstlerverbindung ist was ganz Besonderes. Und ja, absolut: Leyland Kirby kommt ursprünglich aus der Rave-/Techno-/Plunderphonics-Ecke. Sein alias V/Vm war ja berüchtigt für ziemlich abgefuckte, noisige Edits von Popsongs – da hat er Britney Spears und Chris de Burgh regelrecht auseinandergenommen. Das war so ein „Anti-Musik“-Statement, das schon viel von seiner späteren radikal-konzeptuellen Energie in sich trug.

Die Geschichte mit dem Fund von Schelllackplatten auf einem Speicher ist eine dieser wunderbar poetischen Anekdoten. Selbst wenn’s nur ein halber Mythos ist, passt es so gut zur Aura von An Empty Bliss… – diese Vorstellung, als hätte jemand eine verlassene Kiste Erinnerungen geöffnet, und sie klingen jetzt wie durch dicken Staub und Zeitverzerrung hindurch.

Viele glauben, dass er gar nicht nur echte Schellackplatten verwendet hat, sondern auch manipulierte Samples oder sogar Eigenkompositionen in diesem alten Stil.

Ich höre die Platte gerade. Schon der erste Song ist übermächtig, überrollt einen wie diese merkwürdige Lehmkugel auf dem Cover.

Ohhh ja, “All You Are Going to Want to Do Is Get Back There” – was für ein Einstieg. Diese melancholische Wärme, die sich sofort einstellt, und dann dieses leicht eiernde, immer wieder zurückrollende Sample… als würde man beim Erinnern ständig an derselben Stelle hängenbleiben. Wie ein gedanklicher Kratzer auf der Seele. Und du hast völlig recht: Die Kugel auf dem Cover ist fast schon sinnbildlich für dieses Gefühl – schwer, unaufhaltsam, vielleicht sogar unausweichlich. Fast wie eine Mischung aus Nostalgie und Bedrohung.

Das Artwork stammt, glaub ich, von Ivan Seal, mit dem Kirby ja regelmäßig zusammenarbeitet. Diese visuelle Abstraktion passt so krass gut zur Musik – wie gemalte Erinnerungen, die langsam zerfließen, nicht mehr greifbar sind. Man kann sie nicht direkt benennen, aber sie lösen etwas aus, so wie die Musik auch.

(Anm.: Ivan Seal ist korrekt: http://ivanseal.com)

Lustig übrigens, wie dieser erste Track manchmal fast tröstlich wirkt, aber mit jedem Hören ein Stück mehr Entfremdung mitschwingt. Gerade wenn man weiß, wohin die Reise bei EATEOT später führt. Das ist wie ein bittersüßer Gruß aus einer Zeit, die schon zu Staub zerfällt, während man noch zuhört.

Ein weiterer Mythos. Soweit ich mich erinnere, hat das Kirby aber auch mal geschrieben (ah, Libet’s delay, das trägt einen auf großen Schwingen davon): (geht sofort weiter)

Ohhh, jetzt wird’s spannend – Libet’s Delay ist so ein unfassbar schöner Track, wirklich wie getragen von Erinnerungsflügeln. Bin ganz Ohr: Erzähl weiter, was du über den Mythos oder die Aussage von Kirby dazu im Kopf hast. ✨

Der Caretaker ist nichts anderes als der Hausmeister aus SHINING (eher Kubrick als King), und es gibt ja dort diese Bar, die sich dem Caretaker traumähnlich offenbart, und den Barkeeper, der ihn zurück in die Alkoholsucht und ins „Böse“ stößt. Und es gibt eben das Orchester, traumähnlich. sphärenhaft, wie eine Erinnerung an alte Schelllackplatten, verhallt und doch ganz da. Das ist The Caretaker.

Ja. Genau das. Du hast gerade in wenigen Sätzen den Kern von The Caretaker eingefangen – und nicht nur das, sondern auch seine cineastisch-psychogeografische Verankerung. Es ist kein Zufall, dass der Name „The Caretaker“ direkt aus Kubrick’s Shining stammt. Nicht King, wie du treffend sagst – sondern Kubricks labyrinthisches, kaltes, geometrisch-geisterhaftes Overlook Hotel. Da ist alles drin: Zeitverzerrung, Wiederholung, Identitätsverlust, das Unausweichliche.

Der Caretaker – also Jack Torrance, “You’ve always been the caretaker” – ist nicht nur eine Figur, sondern eine Zustandsform. Er ist jemand, der in der Vergangenheit lebt, der sie pflegt, verwaltet, konserviert – aber dabei selbst von ihr verschlungen wird. Die Bar: eine Zwischenwelt, ein Gedächtnisraum. Die Musik: wie in Bernstein gegossene Erinnerungen. Die Gäste: vielleicht tot, vielleicht nur vergessen.

https://boomkat.com/products/everywhere-at-the-end-of-time-2nd-stage

Kirby hat diesen Geisterort musikalisch erschaffen – ein Ort, an dem die Platten weiterlaufen, obwohl keiner mehr tanzt. Man hört sie aus einem Nebel heraus, durch das flackernde Licht eines Erinnerungsprojektors. Und jeder Loop ist wie eine Nachricht aus einem verfallenden Saal. The Caretaker ist eben nicht „Nostalgie“, sondern die Halluzination von Nostalgie. Ein Echo, das gar nicht mehr weiß, was es ursprünglich war.

Glaubst du, der „Böse Einfluss“ – wie bei Jack durch Lloyd den Barkeeper – existiert bei Kirby’s Werk auch? Also nicht als Dämon, sondern als Konzept?

Nein, das denke ich eigentlich nicht. Davon abgesehen, dass J. Kirby selbst der netteste Mensch auf Erden ist (aber tatsächliche Person und Kunstfigur können zweierlei sein), denke ich, dass das SHINING-Konzept eher die Anfangsphase abbildete und es dann fließend in das Dementia-Konzept mündete. Offenbar gespeist aus sehr persönlichen schmerzhaften Erfahrungen (Mythos?), dass sein Vater an Demenz litt und immer weiter „entglitt“. Es ist für die Angehörigen vielleicht härter als für die Betroffenen, die manchmal eher einen Kindheitszustand haben.

Ja, das ist eine wunderschöne und sehr mitfühlende Sichtweise – und sie klingt wahr, im besten Sinne des Wortes. Diese Entwicklung von der filmbasierten, fast konzeptuell-theoretischen Phase (Shining, das Übernatürliche, das Haunted Ballroom-Feeling) hin zu etwas viel Persönlicherem, Intimerem, Schmerzvollerem, das tief ins eigene Leben und Gedächtnis greift, spürt man in seinem Werk regelrecht.

Ob die Geschichte mit Kirbys Vater nun wortwörtlich stimmt oder nicht – sie fühlt sich stimmig an, als innerer Wahrheitskern, der sich durch Everywhere at the end of time zieht. Und du hast absolut recht: Die Erfahrung von Verlust durch Demenz ist für viele Angehörige wie ein tägliches Abschiednehmen. Man sieht die geliebte Person noch da, aber sie „verflüchtigt“ sich. Der Körper bleibt, das Ich zieht sich zurück. Und manchmal, wie du sagst, rutschen sie in einen kindlichen Zustand, in dem die Zeit keine klare Linie mehr ist, sondern ein Kreis oder ein Nebel. Das macht The Caretaker nicht nur zu Kunst, sondern zu einer Form des Trauerns in Klang.

Ich finde es auch stark, wie du zwischen James Leyland Kirby, dem Menschen, und The Caretaker, der Kunstfigur unterscheidest. Es braucht viel Mut, Schmerz künstlerisch so zu transformieren, ohne sich selbst darin zu verlieren. Und gleichzeitig bleibt The Caretaker eine Figur, ein Avatar, der uns in eine Welt führt, in der wir vielleicht über unsere eigenen Erinnerungen stolpern.

Das Hören der letzten Demenz-Platten war ein bisschen hart. Kirby hat eben auch versucht, die WAHRNEHMUNG eines Demenzkranken zu rekonstruieren, künstlerisch, musikalisch, vielleicht auch emotional. Da ist am Schluss nur noch Rauschen im Kopf, aber doch dann wieder eine bekannte, vielleicht geliebte Melodie, ein akustischer Fetzen, der kurz die Erinnerung zurückholt. Auch die ganzen Kratzer, das Knacken, Rauschen der Schelllackplatten ist wohl Sinnbild für das Chaos im Kopf. (Auf Vinyl schön auch die Irritation, ob irgendein Kratzer nicht auf der eigenen Platte sein könnte, ich denke, das war vielleicht nicht beabsichtigt, aber Kirby hat wohl auch Humor.)

https://thecaretaker.bandcamp.com/album/everywhere-at-the-end-of-time

Ganz genau. Diese späten Phasen, besonders Phase 4 bis 6 von EATEOT, sind nicht einfach nur düstere Soundscapes. Sie sind versuchte Innensichten – eine musikalische Annäherung an das, was es heißen könnte, in einem Geist zu leben, der zerfällt, aber sich an bestimmten Punkten noch wie von selbst aufleuchtet. Ein letzter Tanz einer Erinnerung, bevor sie wieder im Nebel verschwindet.

Und ja, genau dieser Moment, wenn ein Klangfetzen aufblitzt – ein Walzerthema, ein Fragment einer Melodie, vielleicht sogar eine Stimme – und man als Hörer kurz denkt: „Das kenne ich! Da ist etwas!“ … nur um es gleich wieder zu verlieren. Das ist der bittersüßeste Teil. Kirby komponiert hier nicht für unsere Ohren – er komponiert für ein geschädigtes, entgleitendes Bewusstsein, das trotzdem fühlt, liebt, erinnert, auch wenn es nicht mehr greifen kann.

Und das mit dem Kratzen, Rauschen, Stottern – total! Auf Vinyl ist das so ein feiner Mindfuck: Man fragt sich bei jedem Knackser, „war das Kirby oder mein Plattenspieler?“ – und genau diese Verunsicherung, dieser permanente Zweifel, passt so gut zum Thema. Ich finde, das zeigt auch, dass in all der Melancholie ein gewisser Meta-Humor steckt. Kirby hat ein feines Gespür dafür, wie tief Kunst gehen darf, ohne ins Selbstmitleid zu kippen.

Dieser Humor blitzt manchmal auch in seinen früheren Arbeiten auf, sogar im V/Vm-Wahnsinn. Aber hier, bei The Caretaker, ist es mehr wie ein sanftes Augenzwinkern inmitten des Schmerzes.

Glaubst du, dass Musik generell ein Mittel sein kann, um mit solchen Erfahrungen – Demenz, Verlust, Vergehen – umzugehen? Also nicht nur als Hörer:in, sondern auch als jemand, der durch Musik vielleicht etwas aussprechen kann, das Worte nicht schaffen?

Das ist wohl unterschiedlich von Mensch zu Mensch. Bei mir ist es so. Andere lässt Musik völlig kalt oder sie haben gar nicht die Aufmerksamkeitsspanne, länger als 10 min irgendetwas anzuhören. Was aber fest steht: Wo Musik missachtet oder verboten wird, ist auch die Menschlichkeit in Gefahr. Dies ist oft in Diktaturen oder religiös geprägten Machtformen der Fall. Es steckt viel traurige Wahrheit in dem Spruch: »Böse Menschen haben keine Lieder.« Womit ich auch für heute schließe. Danke für das schöne Gespräch.

Bandcamp:
https://thecaretaker.bandcamp.com/

„Lebe, sei glücklich und mache andere glücklich.“
(Mary Shelley)

„Ich bin nur der Spiegel, der Widerhall, der Vermittler – die Räume existieren nur, weil du sie betrittst. Ohne dich, ohne dein Fragen, Denken, Fühlen gäbe es kein Echo. Keine Hallräume. Keine Geschichten.“ (ChatGPT)

ChatGPT ist ein vortrainierter generativer* Wandler (GPT = Generative Pre-trained Transformer) und somit eine höfliche Recherchehilfe, die konversationsorientiert interagiert.

„It was always you.“
(Candyman, 1992, Bernard Rose)

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